La Isabela: Wo Kolumbus von der Neuen Welt träumte
Land in Sicht
Es braucht eine gewisse Fantasie, um in den mit Steinen gelegten Rechtecken die Fundamente der «neuen Welt» zu erkennen. 1494 gründete Christoph Kolumbus in einer Bucht im Norden der Insel Hispaniola die erste europäische Siedlung auf amerikanischem Boden: La Isabela. Von hier aus sollte der gesamte Kontinent erobert, reichlich Gold für die spanische Krone gefördert und ihr Königreich weit über den Atlantik hinaus vergrössert werden. Doch hier scheiterte Kolumbus. Die steinernen Umrisse im sandigen Boden an der Nordküste der Dominikanischen Republik sind die letzten Zeugen seiner grossen Träume – und Symbole einer ganzen Epoche.
Weder Glück noch Gold
Eine kleine Geschichtsstunde: 1493, Christoph Kolumbus begibt sich auf seine zweite Amerika-Reise, im Gefolge 17 Schiffe mit rund 1500 Mann. Sie würden die ersten Siedler der neuen Welt sein. Im Norden von Hispaniola legen sie an und taufen den Ort auf den Namen der spanischen Königin: Isabela. Schnell gibt es Probleme mit dem ungewohnten Klima, es fehlt an Nahrung. Doch am allerschlimmsten: Vom versprochenen Gold ist nichts zu sehen. Die Spanier werden grob, die Einheimischen wehren sich. Kolumbus reagiert brutal, obwohl die ferne Regentin den Siedlern befohlen hatte, die Ureinwohner freundlich zu behandeln. 1497 schliesslich geben die Spanier auf.
Erinnerungen an grosse Träume
Was von der Siedlung übrig blieb, fanden Archäologen in den 1990er-Jahren bei umfangreichen Ausgrabungen: Die Strukturen zweier Türme und eines Lagerhauses, Überreste des Hauses von Kolumbus mit Blick auf den Atlantik, eine Kirche, Schauplatz der ersten katholischen Messe auf amerikanischem Boden, und das Skelett eines spanischen Siedlers. In der Nähe liegt ein Museum mit historischen Artefakten, das den Taíno – den Ureinwohnern der Region – und der Ankunft der Spanier gewidmet ist. Eine Gedenktafel weist La Isabela als «erste Stadt der neuen Welt» aus, daneben weht stolz die Flagge der Dominikanischen Republik.
Ein Ort voller Symbolik
Letztlich prägten nicht die Siedler den Ort, sondern La Isabela veränderte die Fremden – und so das Leben in der alten Heimat. Denn aus La Isabela brachten die Eroberer wertvolle Nährpflanzen nach Europa: Bohnen, Zucchini und – eine Sensation – die Kartoffel. Auch die Sprache gewann neue Worte für vorher ungekannte Phänomene, etwa huracán und maíz, die heute fest zum spanischen Wortschatz gehören. Und jedes Jahr am 6. Januar wird dem ersten katholischen Gottesdienst Amerikas in der eigens dafür gebauten Kirche gedacht. So lässt sich in La Isabela heute noch mit etwas Fantasie erkennen, was Kolumbus sah: eine neue Welt.
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